Am Morgen verrät ein erster Blick aus dem Fenster bereits feuchte Witterung. Die Berge hängen tief in Regenwolken. Das Frühstück ist wieder sehr reichlich. Wären wir wohl besser auch zum Abendessen im Hotel geblieben. Wir vergessen einen Moment das Wetter und schlemmen fleißig, bis uns Ralf dann doch rausschmeißt. Es heißt 2000 hm und 84 km hinter sich zu bringen und es ist schon halb zehn als wir endlich aufbrechen. Doch weit kommen wir nicht. Im Wald verklemmt sich Thomas Kette zwischen Ritzelpaket und Speichen und es bleibt uns nichts anderes übrig als die Kette zu öffnen um sie frei zu bekommen. Mit gemeinsamer Anstrengung gelingt es uns aber und so können wir bei leichtem Nieselregen den 500 hm Anstieg auf Schotter zur Malga Tognola angehen.
Oben kommen wir kurz durch die Wolkendecke und bestaunen, wie die Wolken die Felsentürme umspülen. Im Schutz eines Stalls machen wir Rast und essen ein wenig. Doch dann ziehen die Wolken wieder herran und wir machen uns an den Abstieg nach Caoria. Der Pfad ist im Roadbook als unfahrbar klassiert. Allerdings wäre er im trockenen Zustand in großen Teilen fahrbar, wenn man auch immer wieder an Stufen und Bächen absteigen muss, selbst bei der feuchten Witterung kann man einige Passagen fahren, bzw. Rollen. Unten mündet der Pfad an einer unbewirtschafteten Holzhütte in einen Schotterweg. Kaum haben wir alle die Hütte erreicht, fängt es auch schon an Bindfäden zu regnen. Als keine Wetterentspannung abzusehen ist ziehen wir wieder die Regensachen an. Wasserdichte Socken, Regenhose, Regenjacke und lange Handschuhe gegen die Kälte. Dann machen wir uns an die Schotterabfahrt. Wir haben alle nur die hinteren Schutzbleche dabei und so spritzt uns das Wasser von vorne ins Gesicht. Irgendwo auf halber Strecke müssen wir halten. Thomas hat wieder einen Platten. Uns ist's recht. Im Schutze eines Refugios warten wir die Reparatur ab, der Regen lässt aber während dieser Zeit nur geringfügig nach. Erst als wir später unten im Tal sind hört er ganz auf. Die Motivation ist im Keller, alle sind nass und wollen eigentlich nicht noch 60 km fahren. Aber dann geht's doch weiter. Die Passstraße entlang zum Refugio Refavaie und dann auf Schotter rauf zum Passo Cinque Croci. Bei gutem Wetter sicher eine schöne Schotterauffahrt, weder steil, noch mit Schiebestücken. Oben warten schon Uwe, Thomas W. und Markus und frieren bei 10°C vor sich hin. Wir sind völlig aufgelöst und lachen wie im Wahn über jede Kleinigkeit, wenn wir nicht grade mit den Zähnen klappern. Das Blechgestell mit den fünf Kreuzen kann uns auch nicht beeindrucken.
Als dann Ralf und Thomas B. am Pass erscheinen geht es in rasender Fahrt bergab. Zuerst auf der Schotterpiste, später geht es auf Asphalt weiter, ob es nun Trails rechts und links gibt ist egal, nichts wie raus aus dieser Suppe, runter ins hoffentlich angenehm warme Tal. Und richtig. Unten in Spera hört der Regen auf. Wir sind im Val Sugana. Apfelplantagen, Birnbäume, Maisfelder und Weinreben soweit das Auge reicht und in der Mitte der kleine Fluss Brenta. Die Berge rechts und links sind wolken-verhangen aber über uns scheint sogar die Sonne. Es geht entlang des Flusses auf dem asphaltierten Radweg Richtung Etschtal. Rechts und links greifen wir uns Äpfel, Trauben und Birnen während wir über Agnedo, Borgo und Marter nach Santa Guiliana rollen. Unterwegs wird noch mal ein Reifen geflickt, aber jetzt wo die Sonne scheint, ist dass auch egal und wir beginnen wieder zu trocknen. Langsam machen sich aber doch die Strapazen des Tages bemerkbar, Markus und ich klagen über Knieschmerzen. Zum Glück sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Hotel, der Antica Rosa.
Wir fürchten schon ohne Fön die Sachen nicht trocken zu bekommen, doch so antik ist das Hotel dann auch nicht. Die Bikes kommen in die alten Kellergewölbe unter dem Haus und wir unters Dach. Hier ist erstmal Waschen angesagt. Alles ist nass und dreckig. Das Zimmer gleicht hinterher einem Trockenraum. Die Klimaanlage wird zum Trockner umfunktioniert und läuft die ganze Nacht durch, wobei sie ständig 30°C warme Luft in das Zimmer bläst. Die Klamotten hängen davor auf der Leine, an den Dachbalken, an Schränken und Türrahmen. Nach einer heißen Dusche geht es zum Essen. Hier erkennen wir auch schnell, was denn an der Villa Antica so antik ist: Die Gäste! Ein ganzer Reisebus italienischer Greise sitzt bereits beim Essen und unterhält sich mit einer Lautstärke als wäre Wochenmarkt. Wir machen uns ganz klein und hoffen auf baldige Erlösung. Das Essen ist auch nicht besonders und Bier kommt in 0,2l Fläschchen und ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber nach diesem Tag sind wir zu müde und fügen uns in unser Schicksal. Noch eine Cola und ab ins Bett. Hoffentlich regnet es nicht auch noch morgen!
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